28. Blog - Manila - Entkräftet und neu gestärkt!

Meine 24h Fähre von Cebu zurück nach Manila habe ich verpasst. Besser gesagt verschlafen! Mir ist Fährsturm. Vom Winde verweht. Sollte wohl mehr Nüsse essen, die sind gut für’s Hirn. Die vielen, feinen, frischen, günstigen, süssen Mangos sind wohl zu weich für mein Hirn.
Sitze gerade am International Airport in Manila auf einem Rundstuhl an einem Rundtisch mit? Genau, einer Runde Mangos! Warte auf den Nachtflug nach Denpasar, Bali. Werde um 01:00 Uhr ankommen. Zur Unzeit. Ob ich Freddy gleich am Flughafen zusammensetze oder mir erst eine günstige Unterkunft für die Nacht suche? Entscheide ich vor Ort.
Die Zeit auf den Philippinen ging so schnell vorbei. Drei Wochen sind wohl zu kurz. Die letzten Wochen ziehen wie ein Film in meinem Kopf vorbei. Finde mich gerade am Hafen von Maaguinoo wieder...
Die Fähre legt in 5 Stunden ab. Der Hafen erinnert mich an die Schiffländte in Brunnen. Wie oft habe ich dort mit Mama, nach dem Wocheneinkauf, auf der dunkelbraunen Holzbank auf das Nach-Hause-Schiff gewartet! Beinahe jedes Mal bohrte sich eine Sprisse vom hin und her rangen in die Haut. Wir beobachteten die Enten. Und die Menschen. Hier in Maaguinoo beobachte ich das viele Plastik das im Meer schwimmt. Jede Welle die nahe am Ufer bricht scheint eine Träne zu sein. Das Meer weint.

 

Die Fähre sieht rostig aus. Sie ist gut gebraucht, sie weiss bestimmt wie der Karren läuft. Habe Economy gebucht. Pritsche draussen auf Deck. Keine Klimaanlage dafür frische Nachtbrise umsonst. Pritsche Nummer 80. Auf Deck herrscht schon ordentlich betrieb. Doppelstöckige Metallgestänge mit Kunststoff umhüllten Schaumstoffmatratzen. Ja dann Gute Nacht! Pritsche 80 ist schon besetzt. Kein Problem nehme einfach eine andere. 7, nein doch 6, weil auf 7 der Kunststoff klebrig ist. Wohl eine verschüttete Cola, verständlich bei diesem «Gerumpel». Der Motor ist so laut, wie wenn der Güterzug am Spiezer Bahnhof vorbeidonnert. Finde keinen Schlaf. Stütze mich an einer Eisenstange auf und gucke in die Nacht hinein. Das Wasser pechschwarz. Das Himmelszelt voller Sterne. Toll! Kann mir im Moment keinen schöneren Platz vorstellen, weil ich nur in diesem Moment existiere.
Ab Cebu geht es Schlag auf Schlag, Insel um Insel. Auf der kurzen Überfahrt auf die Insel Bohol habe ich meinen Sitzplatz neben einem deutschen, jungen Paar. Schätze so um die 25 Jahre sind die beiden. Als der Schaffner die Seitenplanen herunterlässt flippt die junge Frau neben mir beinahe aus: «Die sind so behindert, lassen die doch die Planen runter, schnallen die nicht, dass so kein Wind mehr bis zu uns kommt!». Ich bin baff! Mädel! Diese Schaffner haben Deinen Koffer und meinen Freddy behutsam auf das Schiff geladen und wissen schon was sie tun…denke ich für mich. Ein Fehler. Warum habe ich es ihr nicht direkt gesagt? Warum nur?! Heute bin ich mir reuig, dass ich mich nicht für den Schaffner einsetzte, auch wenn er ihren Kommentar nicht verstanden hat. Mache mir einen schweren Vorwurf. Gopf!
In den bekannten Choccolate Hills gibt es einen Aussichtspunkt. Eintritt 80 Rappen. Zahle unten, fahre hoch. Komme mit einem Reisenden aus Brasilien ins Gespräch, er fragt als erstes: «Na, wie viel hast Du Eintritt bezahlt?». «50 Pesos warum?». «Ha, ich zahle eben nie Eintritt, laufe immer durch wie ich nichts sehen oder verstehen würde. Klappt meistens. Zahle doch nicht 50 Pesos für einen Ausblick!». Bin im falschen Film. Was ist nur los? «Hey wenn Du nach Indonesien gehst, hab ich Dir viele Tipps wie Du ohne Eintritt zu zahlen zu den Sehenswürdigkeiten kommst, schau hier…». «Nein Danke! Deine Tipps brauche ich nicht. Ich werde den offiziellen Eingang nehmen und zahlen. Schon ok!» Auf dem Absatz mache ich genervt kehrt. Nicht zu fassen.

Mir wird schnell bewusst, dass ich als Reisende auch Verantwortung trage. Ich bin Gast, Ausländerin in einem fremden Land. Auch wenn ich mir so eine Reise leisten kann, verdienen die Menschen vor Ort Respekt. 

Ich habe den Mut mit dem Fahrrad durch die Welt zu kurven, aber bin still wie ein Hase wenn eine Touristin neben mir über die Einheimischen schimpft. Mein Verhalten werde ich überdenken und bestimmt daraus lernen.

Die Inseln sind sattgrün. Die warme Morgenluft ist magisch. Wenn die ersten Sonnenstrahlen wie Fäden durch die Palmen scheinen dann muss ich anhalten. Staunen. Das Licht verändert die Farbe der Natur von Minute zu Minute. 
Die Insel Siquijor habe ich in einem Tag umrundet. In einer Eatery bei Bohnen und Kartoffeln erzählt mir die junge Philippinin ihre Geschichte. Ihre drei kleinen Kinder spielen vor der Hütte mit einer aufgeschlagenen Kokosnuss. Sie ist ausgebildete Krankenschwester. «Ich liebte meinen Beruf…» Es folgt eine lange Pause, ihr Blick ins Leere. «Der Alltag im Spital erfüllte mich, weil ich den Menschen helfen konnte. Pro Tag verdiente ich 350 Pesos (knapp 6 Franken) es war einfach zu wenig für die Familie.» Sie steht auf, holt einen weissen Kanister hinter einem Vorhang hervor und stellt ihn auf den Tisch. «Probiere ganz wenig davon!» Die rote Brühe sieht abgestanden aus. Nippe ganz vorsichtig daran und nehme einen kleinen Schluck. Huss! «Damit verdiene ich viel mehr Geld. Wie schmeckt Dir mein selbst gemachter, fermentierter Kokosschnaps?». «Darf ich ehrlich sein? Jetzt brauche ich eine Cola, aber schnell!» «Ich bin unglücklich. Ja ich verdiene mehr Geld aber mit dem was ich mache, schade ich den Menschen. Sie trinken zu viel davon. Früher konnte ich Ihnen helfen.» Jetzt starre ich ins Leere und ich weiss, es ist nicht selbstverständlich eine Arbeit zu haben die man liebt. Genau so eine hatte ich bei Radio BeO und ich habe sie aufgegeben, nicht weil ich musste, sondern weil ich wollte. Das ist Luxus! Kann mir vorstellen, dass sie dies nicht verstehen könnte. Behalte es für mich.

Morgen fahre ich zurück nach Cebu. Dann nehme ich den Kutter nach Manila. Der bereitet mir ein wenig Sorgen. A weil die Fahrt 24 Stunden dauert, B weil ich mitten in der Nacht am Hafen in Manila ankomme. Wir Berner sagen da «das geit de scho, nume hü!». Aber Manila ist nicht ganz ohne und mitten in der Nacht...ich weiss nicht recht!
Am Morgen wache ich mit Rücken- und Nackenschmerzen auf. Mein Kopf ist heiss. Habe Halskehre und Schluckweh. Wie angeworfen. Radeln ist wohl auch heute die beste Medizin. Die 60 Kilometer bis nach Cebu werde ich schon irgendwie schaffe. Der Verkehr nimmt zu, das Hupen der Laster dringt bis in mein Mark. Bin völlig schlapp. Trinke eine Cola nach der anderen. Entkräftigt komme ich in Cebu an. Danke! Im Hostel gehe ich sofort ins Bett und wache erst am nächsten Morgen um 06:00 Uhr auf. Mist, die Fähre!!! Verpasst. Verschlafen. Der Schweiss läuft mir aus lauter Stress runter. Wie komme ich nach Manila? Morgen habe ich einen Flug nach Indonesien. Erkundige mich am Empfang vom Hostel. Sie sagt gleich zu mir: «hier ein Stuhl, setz Dich hin, du bist ja ganz bleich! Maureeeeen bring ihr eine Hot Choccolate!» Was sich in den nächsten Stunden abspielt ist einfach unglaublich. Sie telefonieren und organisieren. «Velo per Cargo Schiff, sie mit Flug. Nein Cargo könnte Verspätung haben. Also beide mit Flug. Und die Box? Ruf den Boss an, der fährt Velo, der weiss wie man zu einer Box kommt. Ok dann ruf ich die Fähre an und frage ob sie das bezahlte Ticket rückerstatten». Minuten später steht der Boss samt Box in der Halle. Er ist ein Engel! Buche schnell einen Flug und innert Stunden hat sich das Problem gelöst. Ich bin wirklich Engeln begegnet. Danke! Am nächsten Morgen geht’s mir wieder tip top und die Energie ist zurück! Eigenartig…

Oh, das Boarding für den Nachtflug geht gleich los…nicht das ich den Flug noch hier am Rundtisch verschreibe!

 

Liebe Grüsse aus der Ferne

Euer Thesi

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Kommentare: 2
  • #1

    Hermann (Montag, 22 Oktober 2018 11:32)

    Du bist einfach in jeder Beziehung grossartig! Bitte bleib so und schreib ein Buch, wenn du zurück bist! Ein Buch, das für viele Menschen ein Gewinn wäre. Und für dich hoffentlich auch!

  • #2

    heidi bächler (Dienstag, 23 Oktober 2018 07:41)

    Liebe Thesi einfach unglaublich was Du so erlebst. Hoffe Du hattest einen angenehmen Flug. Bei uns ist es herbstlich geworden, nicht mehr so warm. Heute morgen kommt meine Lymphpatientin. Am Sonntag geht es nach Bern zum Brunch. Freue mich Kathrin zu treffen und zu quatschen. Bestimmt werden wir auch von Dir sprechen liebe Maria-Theresia, wenn es Dir in der Nase jucken sollte ! Machs guet