16. Blog - Busan KOR - Kennt ihr den Freddy-Griff?

Psst, nicht zu laut! Ich bin’s Freddy.

Habe mir eben den Computer geschnappt und übernehme diesen Blogeintrag.

Thesi ist gerade furchtbar gestresst und dazu noch genervt. Besser ich schreibe ein paar Zeilen, schliesslich sind wir ja ein Team und mich kann man für mehr brauchen als nur zum rumsitzen HA!
Danke übrigens für all die Grüsse die ich immer wieder bekomme. Mir geht’s soweit prima, hab ja jetzt den Südkoreanischen Passport bekommen. Klar, bin natürlich mächtig stolz darauf und das als waschechter Engländer. Aber viel lieber hätte ich ein bisschen Fett auf meiner Lederhaut. Zum Glück ist die Luft feucht sonst wäre ich schon lange ausgetrocknet. Bekomme ich nicht bald das nötige Fett, hänge ich einfach meine raue Seite raus. Ich bin hier nämlich der Chef im ganzen Umzug, der Pilot, die Zentrale. Ohne mich geht gar nichts, muss einfach mal gesagt sein. Jawohl. Bin aber ein geduldiger Chef, bis auf das Thema Fett, da werde ich ungeduldig.
In meinem Hals laufen alle Fäden zusammen, damit Thesi möglichst komfortabel und sicher fahren kann. Dann und wann bekomme ich einen dicken Hals, sag ich euch! Der Rückspiegel spurt zurzeit nicht wie er sollte. Er kam ja in Deutschland mit an Board. Es gibt Zeiten, da hat eine Schraube locker und steht Kopf in die falsche Richtung. Wiederum ist er stur und lässt sich nich von seinem Kurs abbringen. Aber das kriegen wir schon noch hin. Ab nächster Woche, wenn wir in Japan sind, wird er gezügelt – auf die rechte Seite. Vielleicht braucht er einfach einen Perspektivenwechsel. Helmi, die Schildkröte sitzt zuvorderst und hält Ausschau nach Hindernissen und ist auch erster Navigator. Er kennt den Weg, war er ja bereits in Nepal. Helmi ist oft im Mittelpunkt, weil die Schildkröte gerade in Korea als Tier mit hohem Bedeutungsgehalt gilt. Langlebigkeit, Stärke und Ausdauer, passt wie der Panzer auf die Kröte!

Die indische Hupe aus der Schweiz ist eher ruhigen Naturells. In den Tunnels freut sie sich aber wenn sie ihr Können zum Besten geben kann.
Was die Technik anbelangt sind wir à jour. Der Bordcomputer zeigt alle möglichen Werte an, wie zügig wir unterwegs sind aber auch die Temperatur. Wir sind Fieberresistent, Wasser in den Stahlbeinen kennen wir auch nicht.
Im hinteren Teil werden jeden Morgen die Schweizer und Berner Segel neu gesetzt. Die beiden sind sich immer einer Meinung und verstehen sich prima. Die Tibetischen Gebetsfahnen hüten das Ziel ganz sorgfältig und sind für die Motivation zuständig. Wen haben wir noch? Mein goldiger Untersatz natürlich. Mit jeder Strasse kommt das Tout Terrain zurecht und es glänzt. Thesi befreit es alle paar Tage von Staub und Dreck. Meiner Meinung nach bekommt der Untersatz zu viel Aufmerksamkeit über, wenn wir in Betracht ziehen, dass ich seit Wochen auf ein wenig Fett warte! Dafür bekomme ich jeden Tag ein Mersi und ein Kompliment: «Guet gmacht Freddy! Mersischön!». Das schmeichelt mir natürlich und werde somit jeden Tag ein bisschen weicher. Über Nacht muss ich meistens unter die Haube. Jaja ich weiss, es ist zu meinem Schutz, aber ich sehe dann nichts mehr und hab keinen Überblick mehr. Düsteres Kapitel! Die Haube hat aber auch Vorteile. Letzthin bekam ich Besuch von Frau Raupe. Als sie hörte, dass ein Engländer ausserhalb der Stadt sei, machte sie sich sofort auf den Weg. Es war eine kurzweilige Nacht, eines Tages wird sie sich in den schönsten Schmetterling verwandeln.

Nicht nur die Raupe auch die Koreaner fahren voll auf mich ab! Bin schon ein paar Mal fremd gegangen. Aber war nichts Ernstes, hab mich dann als besonders harter Kerl ausgegeben, ihr wisst ja, meine Treue gilt Thesi. 

Wie gesagt, sie ist gestresst, wie so oft in der Stadt. Sie sitzt grad in Busan neben mir auf der Bank, isst die besten getrockneten Apfelschnitze aus der Schweiz, Made im Hause Engel, wohl gerade Seelenbalsam.
Aber wo ist meine Nahrung? Mein Fett?

Nach 115 Kilometern bin ich aber schon mit ein paar Minuten frischer Luft zufrieden. Es hatte viele steile Aufstiege in den letzten Tagen, eher kurze aber sehr intensive. Sie nimmt mich dann jeweils in den Freddy-Griff und zieht mich sozusagen den Aufstieg hoch. Das mag ich zwar aber genau dann kommt meine schwache Seite zum Ausdruck. Im Freddy-Griff bin ich eher kantig, hab ihr so 3 Blasen an der Hand untergejubelt. Nun, ich werde eben lieber gefahren als gezogen.
Nach einem Umweg zum Bike-Passport Center für den silbrigen Kleber, haben wir direkt den Hafen von Busan angesteuert. Endlich wieder einmal Rolltreppe fahren. Ein Riesenspass und die Sicht ist einfach prima! Im Gegensatz zur Stimmung. Die ist grad nicht so prima. Wir brauchen eine Fähre nach Japan. In fünf Minuten schliesst der Ticketdesk und Thesi ist sich noch nicht sicher ob wir nach Fukuoka oder Osaka schippern sollen. Also eigentlich wollen wir nach Hokkaido hoch, da gibt’s aber keine direkte Fährverbindung. Nur von Nagoya aus. Gibt’s wohl eine Fähre von Osaka nach Nagoya? Niemand will es wissen. Google hilft mit verschiedensten Infos. Gib Gas Thesi! Das ist wieder einmal eine Organisation, zum davonfahren. Osaka ist eine riesen Stadt, wir könnten von dort auch nach Nagoya radeln und dann die Fähre nehmen. Sie stampft auf den Boden und wohl aus lauter Müdigkeit bucht sie jetzt einfach mal Osaka. Mir recht, ich komme mit meiner Crew überall durch! Bin 24h gesattelt!

Nach ein paar weiteren Kilometern sind wir im Zentrum und suchen eine Bleibe für die vier Nächte bis die Fähre fahrt. Dauert… mich stellt sie jeweils draussen ab, die Koreaner haben echt Respekt vor mir. Würden mich nicht berühren, geschweige dann ein Crewmitglied, eine Tasche zB. mitnehmen.
Nach einer Stunde herumirren findet sie einen Platz in einem 10-er Schlafsaal. Uff bin ich froh kann ich draussen im Hinterhof an der frischen Luft ein wenig auslüften. 

Auf Fett warte ich aber immer noch.

 

Grüsst mir meine Brooks Freunde

Euer Freddy

 

PS. Hab mich extra hübsch gemacht für’s Foto :)

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Marco (Samstag, 16 Juni 2018 11:13)

    Hallo Thesi
    Alles Gute im Freddy und danke für die Wünsche. Wir denken an dich. Es Grüessli

  • #2

    Seelenreise (Samstag, 16 Juni 2018 13:49)

    Sehr amüsant geschrieben …..
    Gutes Einleben in Japan. Ich bin schon gespannt auf den nächsten Bericht.
    Ich hoffe, dass Freddy bald sein Fett erhält, nicht dass er noch streikt....

    Herzlich, Heidi

  • #3

    Monika (Sonntag, 17 Juni 2018 08:12)

    Liebe thesi
    Gute reise nach japan und einen fetten gruss mit extra schmalz� an freddy.

    Herzliche Grüsse Monika